Freitag, 9. Januar 2015

Harter Kern im Fokus, Teil 1: Valentin Dikul



Valentin Dikul ist ein russischer Zirkusathlet und gleichzeitig sehr erfolgreicher Reha-Therapeut in Moskau. Dieses Doppelleben alleine ist schon Grund zum Aufmerken, außerhalb des russischen Sprachraums ist er jedoch kaum bekannt. Machte er vor ein paar Jahren etwas kurzlebig durch dubiose „Weltrekorde“ im Powerlifting auf sich aufmerksam, ist er mittlerweile wieder von der Bildfläche verschwunden. Wir von der A.H.A. finden, Valentin Dikul hat mehr Anklang verdient und er ist unser Pilot für eine neue Artikelreihe „Harter Kern im Fokus“, in der wir Euch immer wieder illustre Persönlichkeiten rund um den Kraftsport vorstellen werden. Viel Spaß! 




Dikul wurde 1948 in Lettland geboren. Der Vater ist im Krieg gefallen und die Mutter starb bei seiner Geburt. Dikuls Kindheit war geprägt von Hunger und Überlebenskampf in den Wirren der Nachkriegszeit. Er war schon früh fasziniert vom Zirkus und hat sich ganze Tage aus dem Waisenhaus weggeschlichen, um die Aufführungen zu bewundern und den Alltag der Akrobaten zu erleben. Für ihn war damals klar, dass er sich dem Wanderzirkus anschließen würde und als er alt genug war, setzte er sein Vorhaben in die Tat um. Dikul war sehr talentiert und lernte schnell die nötige Akrobatik und das Jonglieren - er blieb schließlich beim Trapez hängen (Vorsicht: Wortspiel!). Bei seiner ersten Vorstellung war er zarte fünfzehn Jahre alt und bereits äußerst fit.

Das Schicksal holte ihn nur ein Jahr später ein: 1962 riss während einer Aufführung ein Stahlseil und er stürzte mehr als zehn Meter in die Tiefe. Er hatte unter Anderem gebrochene Wirbel und war ab der Hüfte abwärts gelähmt mit einer unguten Prognose seitens der damaligen Ärzte. Sein eiserner Wille und der unbändige Wunsch, eines Tages wieder als Akrobat aufzutreten, ließen Valentin Dikul selbstverständlich nicht zur Ruhe kommen. Sofort nach seinem Krankenhausaufenthalt begann er entgegen der ärztlichen Ratschläge mit einem beinharten Trainingsprogramm.

Er trainierte seinen Oberkörper mit Gewichten und zwang seine Beine durch selbsterfundene Mobilitätsübungen sozusagen zu neuem Leben. Mehr als einmal wurde er, vom Training endlos erschöpft, schlafend neben den Hanteln auf dem Boden seines Zimmers gefunden. Laut Dikul war seine Theorie die, dass er durch die zwanghafte Bewegung der Beine und den Muskelreiz neue Nervenbahnen und kleinere Muskelgruppen stimulieren könne, welche dann vorerst die Arbeit seiner vorrübergehend lahmgelegten Beine ankurbeln. Man darf nicht außer Acht lassen, dass Menschen wie Valentin Dikul wahrscheinlich mental ebenfalls aus einem besonders harten Holz geschnitzt sind und er eine Kapitulation unter keinen Umständen akzeptiert hätte.

Nach sechs grausamen Jahren war es dann soweit: Dikul konnte aus eigener Kraft aus seinem Rollstuhl aufstehen und mit äußerst unsicheren Minischritten den Raum durchqueren.

Long story short: Heute ist Dikul immer noch am Start. Nach seiner weiteren Genesung unter eigener Regie ging er zurück zum Zirkus, aber dieses mal als Eisenakrobat:


80 kg Rundgewicht ist nicht übel für einen Ex-Rollstuhlfahrer.

In den letzten vier Jahrzehnten ist Dikul ein sehr erfolgreicher Therapeut für orthopädische Totalschäden aus aller Welt geworden und empfängt zwischen seinen Trainingseinheiten und der abendlichen Vorführung seine Patienten. Bewegte Bilder sagen mehr als (meine) tausend Worte und im Anschluss habe ich noch eine englische Doku für Euch. Heute ist Dikul 66 Jahre alt und immer noch unter schwerem Gewicht zu finden.

In diesem Sinne: 
„Sag niemals Nie!“





Ein Gutes Neues
Coach Bernd   

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